Armenien, 23. August bis 09. September 2009


1. und 2. Tag - Sonntag, 23. und Montag, 24. August 2009 : Mit dem RailJet fahre ich von Wien nach München, die Fahrt mit der Schnellbahn zum Flughafen Franz-Josef-Strauß dauert genauso lange wie der Flug mit einer kleinen Propellermaschine nach Prag, 50 Minuten. Die Umsteigezeit ist kurz und um 21:45 startet der Airbus A320 nach Yerevan, die Flugdauer beträgt ca. 3 1/2 Stunden. Gleich nach der Ankunft wird Geld gewechselt, das Visa für 21 Tage kostet 3000,-- Dram (ca. € 5,80). Hovhannes, unser armenischer Reiseleiter holt die Gruppe am Flughafen ab und mit einem Bus fahren wir zum Congress Hotel (Best Western, gut ausgestattet) in die Innenstadt von Yerevan. Es gelingt mir etwas zu schlafen, um 11:00 haben wir Frühstück und dann startet auch schon unser Programm.
Wir fahren mit dem Bus zum Haghthanak Park (Siegespark, Gedenkstätte an den 2. Weltkrieg) mit gutem Blick über Yerevan. Zum ersten Mal sehen wir den Ararat in seiner vollen Schönheit. Der Ararat ist eine Art Nationalsymbol des Landes, das sich heute auf türkischem Boden befindet. Selbst zu dieser Jahreszeit ist der 5000er schneebedeckt.
Danach bringt uns der Bus wieder hinunter in die Stadt, wo wir ausgezeichneten Kaffee und genauso guten Kuchen genießen. Wir besichtigen noch die Kaskade am Ende des Marschall-Baghramjan-Boulevards, die an einem Hang errichtet wurde und in steil aufragenden Treppen, Plätzen und Hallen die Geschichte Armeniens symbolisiert. Das riesige Bauwerk ist noch nicht fertiggestellt und soll in Zukunft auch eine große Kunstsammlung beherbergen. Die Anlage ist auch ein Symbol für den Bauboom, der an vielen Ecken Yerevans zu bemerken ist.
Wir setzen unsere Besichtigungstour fort und fahren in das etwas außerhalb der Stadt gelegene Vagharschapat. Dort sehen wir eine der ältesten Kirchen des Landes: Surb Hriphsime aus dem 7. Jahrhundert. Der Baustil ist eine rechteckige Kreuzkuppelkirche, der kleine Glockenturm wurde erst im 18. Jahrhundert angebaut. Das Bauwerk besticht durch seine Einfachheit und seine klare Struktur. Der Innenraum ist nahezu schmucklos und trotzdem vor allem durch die wuchtigen Mauern und die Höhe beeindruckend.
Im Anschluß an die ausgiebige Besichtigung fahren wir ein kurzes Stück zur Kathedrale von Edschmiatsin, dem Sitz des Katholikos - des Oberhauptes der armenischen Kirche. Im Gegensatz zu anderen sakralen Bauten in Armenien sind hier die Innenräume reich verziert, die Malerei ist stark von persischen Künstlern beeinflußt und wunderschön. Umgeben wird die mächtige Kirche von zahlreichen Gebäuden, die insgesamt einen großen Klosterkomplex bilden. Viele alte und reich verzierte Kreuzsteine (Chatsch'khare) sind am Gelände aufgestellt.
Am Rückweg nach Yerevan besichtigen wir noch die Ruine von Zvarthnots'. Im 7. Jahrhundert wurde hier eine Palastkirche errichtet, deren Schönheit legendär gewesen sein soll. Das Kustwerk wurde aber bereits 930 durch ein starkes Erdbeben zerstört. Die vielen Säulen mit schönen Kapitellen geben eine Ahnung von der einstigen Erhabenheit dieser Kirche.
Abends gehen wir in ein Restaurant nahe der Oper und genießen die ausgezeichnete armenische Küche: verschiedene Gemüse, frische Kräuter, Käse, Fladenbrot (Lavasch), Fleisch mit Graupen, Dolma und Wassermelonen. Dazu gibt's armenische Volksmusik live - ein gelungener Abend.

3. Tag - Dienstag, 25. August 2009: Um 9:00 fahren aus Yerewan los. Wegen des Klimawechsels und der Zeitumstellung war ich sehr müde und hätte fast verschlafen. Der Bus brachte uns in das Dorf Sevanaberd am Fuße des Geghama-Gebirges auf eine Höhe von 2075 m. Nun müssen wir Zu Fuss weiter. Der sanfte, gleichmäßig steile Weg führt über Wiesen und Almgebiet in die Berge. Nach etwa 3 Stunden machen wir auf 2750m eine Mittagsrast an einem gemütlichen Platz in der Sonne. Zum Glück weht ein leichter Wind, denn weit und breit gibt es weder Baum noch Strauch, der Schatten spenden könnte. Die weiten Hochebenen mit den darüber aufragenden runden Höhen der Berge prägen diese ruhige Landschaft.
Am Nachmittag geht es dann weiter über die sanften Almkuppen, bis wir nach weiteren 2 Stunden um 16:00 unseren Zeltplatz am Akna-See auf 3040 m erreichen - ein idyllisches Plätzchen. Die Zelte sind rasch aufgestellt, danach besuche ich noch einen nahen Friedhof der Jesiden (kurdische Christen). In der Zwischenzeit wurde für uns ein Nachtmahl zubereitet, es gibt gedünstete Forellen auf einem Beet aus Zwiebeln, Tomaten, Kräutern und Gewürzen - köstlich.

4. Tag - Mittwoch, 26.08.2009:
Ich habe eine schlaflose Nacht hinter mir und unerträgliche Rückenschmerzen. Nach dem Frühstück bauen wir die Zelte ab und um 09:30 geht unsere Wanderung weiter Richtung Azhdahak. Bald werden meine Schmerzen so arg, dass ich zurück bleiben muss, an eine Gipfelbesteigung ist nicht zu denken. Hovhannes marschiert mit mir und Michael, den ein Magen-Darm-Virus erwischt hat, direkt zum nächsten Lager. Der Rest der Gruppe steigt mit unserem Bergführer Vahe auf den 3598 m hohen erloschenen Vulkan Azhdahak. Wir gehen extrem langsam und haben viele Pausen, nach ungefähr 7 Stunden erreichen wir unseren Zeltplatz auf 2890 m in der Nähe eines Hirtenlagers. Bald nach uns erreicht auch die Gruppe das Lager.

5. Tag - Donnerstag, 27.08.2009: In der Nacht hat es ziemlich stark geregnet, zum Glück blieb im Zelt alles trocken, ich habe sogar halbwegs gut schlafen können. Meine Rückenschmerzen haben sich mit Hilfe von Medikamenten und einer Wärmeflasche im Schlafsack gebessert. Um nichts zu riskieren beschließe ich, den heutigen Tag nicht mit der Gruppe zu wandern, sondern mit unserem Versorgungsauto zum nächsten Zeltplatz mitzufahren. Nachträglich gesehen war das keine gute Idee, denn die Wege (von Straßen kann keine Rede sein) sind sehr holprig und mühsam zu befahren, so dass die Fahrt insgesamt für mich eine Qual war. Deshalb war ich auch heilfroh, als wir nach endlos scheinender Fahrt unseren Zeltplatz auf einem kleinen Hügel oberhalb des Vank-Sees erreichen. Das Wetter ist wechselhaft und auch am Vank-See gibt es immer wieder ein paar kleine Regenschauer. Am Abend bereitet uns Hovhannes ein süßes Abendessen: Reis mit getrockneten Früchten (Rosinen, Pflaumen, Aprikosen).

6. Tag - Freitag, 28.08.2009: Wir marschieren erst um 09:45 los, meinem Rücken geht es wieder einigermaßen gut. Unser Zeltplatz liegt auf 2750m, wir wandern durch die endlosen Hochebenen der Geghama-Berge meist leicht bergab. Ungewöhnlich für die Jahreszeit ist, dass noch viele Blumen blühen, eine positive Auswirkung der starken Regenfälle aus dem Frühsommer. Bald sehen wir den tiefen Einschnitt der Azat-Schlucht vor uns, auf den wir zugehen. Von einem schönen Aussichtsplatz haben wir einen großartigen Tiefblick in die Schlucht und auf das tief unten liegende Geghart-Kloster. Am Rand der Schlucht wandern wir weiter über das Hochplateau, immer wieder sehen wir auch die Zelte der jesidischen Hirten und riesige Viehherden, die sich in der weiten Landschaft zu verlieren scheinen. Um ca. 15:00 erreichen wir unseren Zeltplatz am Rande der Schlucht neben einem künstlich angelegten Bachlauf, der an eine Levada erinnert. Wie von einem Balkon sehen wir auf die Landschaft mit der Ortschaft Garni weit unter uns. In der Ferne grüßen der Ararat im Süden und der Aragats im Nordwesten.
Am Abend sind unsere Guides noch den langen Weg nach Garni gefahren, um für uns frisch zubereitetes Essen zu holen. Sie brachten Chorováts' (über Holzfeuer am Spieß gegrilltes Fleisch) mit gegrilltem Gemüse (Tomaten, Paprika, Auberginen), Salat, Kräuter, Käse und Lavasch - ein ausgezeichneter Genuß.

7. Tag - Samstag, 29.08.2009
Auf dieser Höhe (2150m) war die Nacht nicht mehr so kalt wie weiter oben und ich habe ganz gut geschlafen. Der Morgen ist hell und sonnig. Wir gehen um 09:15 los und wandern von der Hochfläche ständig leicht bergab in Richtung Garni. Wieder säumen viele Blumen den Weg. Auf etwa 1700 m erreichen wir die Klosterruine Havuts'thar, die mit etwas Phantasie eine Ahnung vom Mönchsleben im frühen Mittelalter zuläßt. Die Anlage stammt aus dem 11. Jahrhundert und wurde durch ein Erdbeben zerstört. Nach einer Besichtigungsrunde wandern wir weiter bergab, bis wir beim Nationalparkzentrum den Ortsrand von Garni erreichen. Von dort wandern wir weiter steil in die Schlucht unterhalb der Ortschaft mit schöner mittelalterlicher Bogenbrücke über den Fluss Azat. Gleich danach säumen riesige, bis zu 80 m hohe, sechseckige Basaltsäulen die Straße. Nach einigen Kurven sehen wir hoch oben am Rand der Schlucht den Sonnentempel - ein hellenistisches Bauwerk aus dem 3. Jahrhundert, das in dieser Gegend etwas fremd wirkt. Nach kurzem aber schweißtreibendem Aufstieg und einer Besichtigung der Tempelanlagen gehen wir ein paar Gassen weiter, wo sich in einem von außen unscheinbaren Haus ein großer, grüner Garten verbirgt, in dem der Mittagstisch für uns vorbereitet wurde. Die üblichen Zutaten: Salat, Kräuter, Käse, Bulgur, etc., danach gebratenes Lammfleisch und gegrillte Kartoffel. Nach dem Essen dürfen wir den Frauen des Hauses bei der Zubereitung von Lavasch in einem Erdofen zusehen. Nur wenige Sekunden wird der hauchdünne Teig gebacken, der knusprig mit frischen Kräutern und Schafskäse so gut schmeckt.
Am Nachmittag fahren wir mit dem Bus zum Kloster Geghart - einem Weltkulturerbe. Die Anlage ist überaus beeindruckend. Hinter einer Kreuzkirche aus dem 13. Jahrhundert befinden sich insgesamt drei Felsenkirchen, die per Hand aus dem Vulkanstein herausgearbeitet wurden. In einer davon wartet ein fünfköpfiger Chor auf uns und wir genießen ein exklusives Konzert für unsere Gruppe. Die Akustik in dieser Felsenkathedrale ist grandios, ein sehr berührendes Erlebnis. Im Anschluss an das Konzert besichtigen wir die Klosteranlage, ehe uns der Bus nach Yerevan ins Hotel bringt. Am Abend gehen wir als Abwechslung zur armenischen Küche der letzten Tage auf eine italienische Pizza.

8. Tag - Sonntag, 30.08.2009: Heute werden wir eine lange Busfahrt und zwischendurch einige Besichtigungen machen, wir sind auf dem Weg in den armenischen Süden. Um 9:30 brechen wir auf und fahren knapp eine Stunde zum Kloster Chor Virap, einer beliebten armenischen Wallfahrtsstätte nahe der türkischen Grenze, die vor allem durch die einmalige Lage auf einer Felsklippe vor dem alles beherrschenden über 5000 m hohen Ararat beeindruckt. Wir besichtigen die Muttergotteskirche und die Klosteranlage und klettern über eine senkrechte Leiter in ein tiefes Gewölbe, in dem der Legende nach der Hl. Grigor der Erleuchter 13 Jahre lang eingekerkert war. Am Rande der Anlage werden wir auch Zeuge eines Tieropfers (Matagh), in unmittelbarer Nähe zum Kloster wird ein Schaf geschlachtet und zerteilt. Nachdem Hevhannes noch frische Marillen für uns gekauft hat, bringt uns der Bus weiter, ein langer Weg liegt noch vor uns. Nach ca. 90 Minuten halten wir im Dorf Areni um in einer Weinkellerei armenischen Rotwein zu verkosten. Die Verkostung findet etwas uninspiriert in einem kahlen Lagerraum statt, aber der Wein ist gut. Dann geht es weiter, bis wir in ein enges, schluchtartiges Tal einbiegen und das Kloster Noravankh erreichen, das in imposanter Lage hoch an den roten Tuff-Felsen thront. Vor der Besichtigung bekommen wir wieder einmal ein ausgezeichnetes armenisches Essen serviert, diesmal mit butterweichem Rindfleisch. Die Klosteranlage besteht im wesentlichen aus der Alten und der Neuen Täuferkirche, die sehr gut renoviert sind, und einigen verfallenen Nebengebäuden. Vor allem die Anordnung von Gavith und Messraum übereinander sind interessant. Die Priester mussten über sehr schmale, hohe Stufen in die Kirche klettern.
Die Fahrt führt uns weiter über den 2300 m hohen Vorotan-Pass zur Ausgrabungsstätte Kharahundsch. Hier liegt die größte und älteste Kultstätte Armeniens. Zahlreiche Steinsäulen sind in Linien und Kreisen angeordnet, es wird vermutet, dass es sich dabei um ein prähistorisches Observatorium handelt. Viele Steine haben Löcher, wahrscheinlich wurden durch diese die Himmelskörper angepeilt.
Von dort ist es nicht mehr weit nach Sisian, wo wir in einem Hotel aus der Sovjetzeit übernachten, etwas überaltert, aber sauber und adrett. Leider gibt es an diesem Tag kein Gas in der Region, warmduschen entfällt.

9. Tag - Montag, 31.08.2009: Nach dem Frühstück wartet vor dem Hotel eine Überraschung auf uns. Da unser gewohnter Bus die steilen, schlechten Straßen in die Berge nicht befahren kann, steht uns heute ein uraltes russisches Fahrzeug zur Verfügung, ein "Museums-Bus". Wir fahren etwa 1 1/2 Stunden in das Dorf Ltsen auf 1550 m und die Straßen sind tatsächlich ein Horror. Mehr kratertiefe Löcher als asphaltierte Teile, eine Rumpelpiste ohnegleichen. Während der Fahrt sehen wir hoch auf einem Felsen das Kloster Vorothnavankh, wir machen einen kurzen Stopp zum fotografieren. Vom Dorfplatz in Ltsen wandern wir los, gleichmäßig steigend, zuerst durch ziemlich morastiges Gelände, später über Wiesen, durch lichten Buschwald und über almartige Flächen zum höchsten Punkt unserer Wanderung auf 2150 m. Dort halten wir gemütlich Mittagsrast und genießen die Aussicht, leider ist das Wetter etwas trüb. Dann geht es wieder abwärts durch ein Tal, bis wir schon von weitem unser Tagesziel - die Ortschaft Tatev - sehen. Wir durchqueren den Ort und erregen bei den Bewohnern einige Heiterkeit, die Touristen in Wanderkluft nicht oft zu sehen bekommen.
Am unteren Ortsende treffen wir an einem schroffen Felsabbruch auf das Kloster Tatev, dem Endpunkt unserer Wanderung. In diesem im 8. Jahrhundert gegründeten großen Klosterkomplex entstanden die erste Bibliothek und die erste Universität Armeniens. Hier wirkte im 14. Jahrhundert der berühmte Mönch, Schriftgelehrte und Miniaturenmaler Grigor Tathevats'i. Die exponierte Lage des Klosters hoch über den steil abfallenden Felsen in einem Seitental der Vorotan-Schlucht ist außergewöhnlich schön. Nach einer ausgiebigen Besichtigung der gut restaurierten Anlage fahren wir mit unserem Uraltbus auf Straßen (die diese Bezeichnung eigentlich nicht verdienen) zwei Stunden zurück in unser Hotel in Sisian. Es gibt auch wieder Gas und endlich eine vernünftige Dusche.

10. Tag - Dienstag, 01.09.2009: Heute haben wir wieder eine längere Busfahrt vor uns, allerdings über bessere Straßen als gestern. Um 9:00 verlassen wir Sisian wieder mit unserem gewohnten Bus und fahren nach Osten bis Goris und dann nach Süden, erst steil in vielen Kehren hinab ins Tal des Vorotan, dann wieder weit hinauf auf einen Pass und schließlich hinab nach Kapan. Immer wieder muss unser Bus schwere Lastwagen überholen, die bergauf schwerbeladen und im Schneckentempo zum einzigen Grenzübergang zwischen Armenien und dem Iran unterwegs sind. Wir sind nun im südlichsten Teil Armeniens, im Grenzgebiet zu Nachitschevan, Aserbeidschan und Iran. In Kapan kaufen wir ein paar Kleinigkeiten ein, dann fahren wir eine steile, holprige Nebenstraße hinauf in das Dorf Vachagan auf ca. 1050 m. Nun wandern wir eine teilweise recht morastige Piste entlang, zuerst steil, dann fast eben, am Ende wieder steil. Wir überwinden fast tausend Höhenmeter bis zu unserem Zeltplatz auf 2030 m. Immer wieder haben wir schöne Ausblicke ins Tal, aber das Ziel für morgen - der Khurstup - zeigt sich nicht, er bleibt den ganzen Tag von Wolken verhüllt. Am Wegrand stehen riesige Brombeersträucher und laden zum Naschen ein. Leider wird das Erlebnis getrübt durch meine Rückenschmerzen und ich bin froh, als wir am Zeltplatz ankommen. Um mich nicht noch mehr quälen zu müssen beschließe ich, die morgige Gipfelbesteigung zu streichen und im Lager zu bleiben.

11. Tag - Mittwoch, 02.09.2009: Ein wundervoller Tag, wolkenloser Himmel und der Khurstup steht zum Greifen nahe über dem Zeltlager. Ich bleibe dennoch bei meiner Entscheidung, den Gipfel nicht zu besteigen und mache mir mit Brigitte und Hovhannes eine gemütlichen Tag im Camp.

12. Tag - Donnerstag, 03.09.2009: In der Nacht hat es geregnet, ich bin froh, dass die letzte Nacht im Zelt vorüber ist und dass meine Sachen halbwegs trocken geblieben sind. Wir warten mit dem Abbau des Lagers bis die Zelte etwas abgetrocknet sind. Um 10:20 gehen wir los, den Anstiegsweg von vorgestern müssen wir wieder hinunter. Das Wetter hat sich gebessert, es ist wieder trocken und weiter unten wird es dann auch ziemlich heiß. Nach 2 1/2 Stunden Abstieg erreichen wir unseren Bus, der ein Stück unterhalb des Örtchens Vachagan wartet. Wir fahren das kurze Stück nach Kapan hinab uns verzehren den Inhalt unserer Lunchpakete in einem Park. Kapan ist eine trostlose Stadt ohne nennenswerte Sehenswürdigkeiten, der heruntergekommene Ort besteht scheinbar nur aus Industrieruinen und Plattenbauten. Um 14:30 fahren wir weiter, es sind noch drei Stunden bis zu unserem Hotel in Sisian.

13. Tag - Freitag, 04.09.2009: Nach dem Frühstück gehen wir erst einmal ein Stück durch Sisian, um die Johanneskirche aus dem 7. Jahrhundert zu besichtigen. Das Bauwerk macht durch die dunklen Basaltblöcke einen düsteren Eindruck. Sehr schöne ornamentalen Details an der Fassade und an der Kuppel. Unweit der Kirche steht eine große, etwas ungepflegt wirkende Gedenkstätte an die im Berg-Karabach-Krieg gefallenen Soldaten aus Sisian. Um ca. 9:30 fahren wir mit dem Bus in Richtung Yerewan, heute liegen wieder viele Straßenkilometer vor uns. Bei Jeghenazdor zweigen wir ab uns fahren nach Norden, denn wir wollen zum Sewan-See. In Schatin machen wir Mittagspause, ein schattiger Gastgarten am Jeghegis-Fluss erwartet uns. Ein gemütlicher Platz mit gutem Essen: die üblichen Vorspeisen, gegrilltes Huhn mit Kartoffel, herrliche Melonen und Kaffee.
Dann geht es aufwärts in vielen Kehren zum Selim-Pass. Knapp unter dem höchsten Punkt erreichen wir die Karawanserei Selim aus dem 14. Jahrhundert. Hier führte einst ein Zweig der berühmten Seidenstraße vorbei. Der einfache Steinbau ist überraschend gut erhalten. Nach einer kurzen Besichtiogung fahren wir hinauf auf den 2410 m hohen Selim-Pass und dann hinab in die weite Ebene des Sevan-Sees. In Noratus besuchen wir den berühmten Friedhof. Ein riesiges Areal mit unzähligen kreuz- und Grabsteinen liegt auf einem sanften Hügel über dem Ort. Die strenge Ausrichtung nach Westen schafft eine überschaubare Struktur, aber eigentlich ist das Wirrwarr der Steine aus vielen Jahrhunderten kaum zu überblicken. Doch für einen Friedhof ist Noratus ausgesprochen lebendig. Hinter den Steinen lauern alte Frauen den wenigen Besuchern auf und versuchen, handgestrickte Socken und Mützen aus Schafswolle zu verkaufen, bei den hohen Temperaturen machen sie aber kein gutes Geschäft.
Bald gehts weiter Richtung Sevan, die Fahrt wird noch durch eine großräumige Umleitung über schlechte Straßen empfindlich behindert. In Sevan besichtigen wir das auf einem Hügel am See gelegene Sevankloster aus dem 9. Jahrhundert. Tief unten leuchtet der riesige Sevan-See in der Abendsonne. Nun müssen wir noch gut eine Stunde auf die Ostseite des Sees fahren, wo wir in Tsapatagh die Zimmer in einem kleinen, netten und gemütlichen Hotel beziehen.

14. Tag - Samstag, 05.09.2009: Um 8:00 Frühstück, um 9:00 fahren wir wieder los. Drei Stunden Busfahrt liegen vor uns, wir sind auf dem Weg in den Norden des Landes. Über Dilijan, Vanadzor und Alaverdi fahren wir in die kleine Ortschaft Sanahin zum gleichnamigen Kloster aus dem 10. Jahrhundert. Beeindruckend sind vor allem der riesige dreischiffige Gavith der Muttergotteskirche und die Bibliothek. Unglaublich, dass Mönche bei diesen Lichtverhältnissen wundervolle Kunstwerke schaffen konnten. Nach der Besichtigung beginnt unsere Wanderung, wir starten um 13:00. Die Tour führt uns in mehrfachem leichten Auf und Ab zum Kloster Haghpat, das wir nach drei Stunden erreichen. Zwischendurch hatten wir auch noch Lunchpause. In Haghpat folgt wie immer eine ausführliche Besichtigung. Vor allem der große Gavith vor der Zeichenkirche, die Bibliothek und der Glockenturm, alles aus dem 13. Jahrhundert, sind sehenswert. Die Anlage ist sehr verwinkelt, immer wieder tun sich neue Perspektiven auf. Der freundliche Priester erlaubt uns, den Glockenturm über eine schwindelerregende Steintreppe zu besteigen, so können wir auch den Blick von oben genießen.
Dann fahren wir hinab nach Alaverdi, wo wir bei einem kurzen Stopp auch noch eine mittelalterliche Brücke aus dem 12. Jahrhundert sehen. Bald geht es weiter in unser nächstes Hotel in Dzoraget. Das nette Haus bietet einige Überraschungen: Schwimmhalle, Saune, Fitnessraum und Massage - eine Wohltat für meinen geplagten Rücken.

15. Tag - Sonntag, 06.09.2009: Bevor wir wieder den Bus besteigen wandern wir nach dem Frühstück eine Stunde in die wildromantische Dzoraget-Schlucht. Um 10:15 fahren wir dann zurück Richtung Yerevan. Die Strecke führt über Vanadzor, Spitak, über den Spitak-Pass (2378 m) und wieder hinunter bis nach Ashtarak. Unterwegs halten wir kurz, um einen Friedhof jesidischer Kurden aus dem 17. Jahrhundert zu besichtigen. In Ashtarak wartet eine Überraschung auf uns. In einem alten armenischen Haus erleben wir ein halbstündiges Konzert des Kamancha-Spielers Armen Minasyan. Die Kamancha ist ein viersaitiges geigenartiges Instrument, das in senkrechter lage gespielt wird mit hohen, wehmütigen Tönen.
Danach servieren uns die Damen des Hauses in einem Gewölbekeller ein (wie immer in Armenien) ausgezeichnetes Mittagessen. Gut gesättigt verlassen wir das gastfreundliche Haus und fahren das kurze Stück weiter nach Yerevan, wie wir wieder im Congress-Hotel Zimmer beziehen.
Bald danach brechen wir schon wieder auf, wir wollen den Nachmittag nutzen und eine Führung im historischen Museum mitmachen. Die bemühte Museumsangestellte bringt uns in deutscher Sprache die bewegte armenische Geschichte näher. Nach einer Stunde verlassen wir das Museum. Die Cafés und Restaurants von Yerevan sind an diesem Sommernachmittag gut gefüllt, junge Leute flanieren vorbei, viele davon sind auf dem Weg zur Vernissage, dem quirligen Flohmarkt der Hauptstadt. Auch wir schlendern zum nahen Straßenmarkt, wo man einfach alles - vom Schraubenzieher bis zum Ölbild und vom Kaffeehäferl bis zum Seidenteppich - kaufen kann. Ein schrilles, buntes, interessantes Erlebnis.

16. Tag - Montag, 07.09.2009: Zeitiges Frühstück um 5:00, denn bereits um 6:00 ist Abfahrt. Wir ziehen so früh los, weil wir den höchsten Berg Armeniens besteigen wollen. Mit zwei Kleinbussen fahren wir zwei Stunden bis auf 3200 m zum Kari-See. Um 08:15 marschieren wir los, das Wetter ist gut und die Sonne geht gerade auf. Zuerst wandern wir ohne starken Höhengewinn über Almwiesen. Später geht es über vulkanischen Schotter etwas steiler hinauf auf einen breiten Sattel auf ca. 3800 m. Vor uns türmt sich der Westgipfel des Aragats auf - eine steile Schotterhalde, durchsetzt mit Blockgestein und einigen Felstürmen. Beim Anstieg zum Gipfel spüre ich die Höhe, doch Vahe unser Bergführer hält ein sehr gutes Tempo und bald stehen wir alle am 4006 m hohen Aragats. Die Aussicht ins Hochland ist gut, leider ist aber der 4095 m hohe Hauptgipfel wegen aufziehender Wolken nur mehr schlecht zu sehen. Auch der Ararat läßt sich heute nicht blicken.
Der Abstieg zum Sattel ist kein Problem, aber der lange Weg zurück zum Kari-See setzt mir zu und ich habe wieder massive Kreuzschmerzen. Aber auch dieser Weg endet und die Buse bringen uns wieder zurück ins Tal. In Oschakan machen wir einen kurzen Stopp und besichtigen dort das 2005 errichtete Armenien-Denkmal, das aus den überdimensionierten Buchstaben des armenischen Alphabets besteht.

17. Tag - Dienstag, 08.09.2009: Unser letzter Tag in Armenien. Nach dem Frühstück spaziere ich mit Wilma und Ingrid durch die Straßen zur persischen Moschee und zur Markthalle, in der vor allem Obst, Gemüse und Trockenfrüchte angeboten werden. Inmitten der Farbenpracht fehlen nur frische Granatäpfel, das armenische Symbol für Fruchtbarkeit und Reichtum, es gibt sie erst wieder im Winter. Um 10:00 holt uns der Bus vom Hotel ab und wir fahren zum Matenadaran, der Handschriftensammlung. Wunderschöne, uralte Handschriften mit farbenfrohen Miniaturen, Dokumente und Bücher, faszinierend. Eine Professorin des Museums führt uns sehr kompetent durch die Ausstellung und erklärt uns in deutscher Sprache die großartigen Objekte. Danach fahren wir zum Genozid-Museum, der Gedenkstätte des Völkermordes an den Armeniern 1915. Bedrückend und ergreifend wird dieses Verbrechen an der Menschheit sachlich und ohne übertriebenen Pathos in Schautafeln, Fotografien und Belegen dokumentiert. Sehr eindringlich werden in dem bunkerartigen Bau die unfassbaren Ereignisse geschildert.
Wir fahren dann zum Mittagessen in das uns schon bekannte Restaurant Gusto,wo uns vorzügliche italienische Küche serviert wird. Im Anschluss dazu fahren wir zur Brandy-Destillerie Ararat (die Armenier nennen den Schnaps völlig unbescheiden Cognak). Wir erfahren viel über Enstehung und Lagerung, besichtigen das kleine Museum und verkosten 3jährigen, 10jährigen und 20jährigen Brandy. Dann werden die letzten Dram in ein geistiges Mitbringsel investiert.
Am Abend fahren wir in ein armenisches Restaurant zu unserem Abschiedsessen. Wieder gibt es eine ausgezeichnete Speisenfolge mit vielen guten Vorspeisen, dann Steak und als Nachtisch Profiteroles. Ich gehe zeitig schlafen, die Ruhezeit wird kurz und ein schöner Aufenthalt in einem faszinierenden Land geht zu Ende.

18. Tag - Mittwoch, 09.09.2009: Bereits um 2:00 morgens bekommen wir ein einfaches Frühstück und um 3:00 geht's ab zum Flughafen. Der Flug ist weniger schlimm als befürchtet, das Umsteigen in Prag ist zwar knapp aber funktioniert. Über München und Salzburg komme ich um 15:30 in Wien an. Es ist schön wieder daheim zu sein.